Chronik eines Blizzards


[26.01.2015, 8:19] Gestern gab es eine Bürgermeisteransprache laut der mit einem historischen Schneesturm zu rechnen ist. Die Amis spielen ja gerne Drama Queen, also warten wir es mal ab. Meine Sorge gilt am ehesten der Stromversorgung, die nicht so stabil ist wie in Deutschland. Und ohne Strom geht hier gar nichts, z.B. auch keine Heizung… Losgehen soll’s heute Nachmittag/Abend.

[26.01.2015, 11:35] Geilomat! Im Supermarkt ging die Schlange gerade durch den ganzen Laden – vorbei an fast leeren Regalen! Schulen und meine Kursanbieter schicken Mails, dass sie um 13h schließen. Die Hausverwaltung mahnt, man möge seine Balkonmöbel reinholen. Die Stadt publiziert Parkverbotszonen, damit die Räumfahrzeuge durchkommen und sagt die Müllabholung für heute Abend ab. Ähnliche E-mails und Internet-Bekanntmachungen treffen im Minutentakt ein. – Vorbereitungen auf den Ausnahmezustand!

[26.01.2015, 18:25] Die ganze Region hat früher Feierabend gemacht, alle sind jetzt zuhause. Laut Michael war in Manhattan auch morgens schon weniger los. Offenbar sind viele von vornherein zuhause geblieben. Der Busverkehr ist am späten Nachmittag eingestellt worden. Der Stromanbieter hat eine Mail geschrieben und erläutert, was seine Mitarbeiter alles für einen eventuellen Stromausfall vorbereitet haben und was wir tun sollen. (Handys etc. aufladen, Auto volltanken, …) Bisher hats geschneit und es war ordentlich windig, aber sonst? Wir werden sehen, was die Nacht bringt.

[26.01.2015, 23:00] Die Städte New York und Hoboken haben am Abend ein allgemeines Fahrverbot verhängt. Mensch, was würde ich jetzt um einen Spaziergang in Manhattan geben! Aber man kommt gar nicht hin. Sogar der U-Bahnverkehr ist eingestellt worden. Nichts geht mehr. Dabei fällt seit drei Stunden keine Flocke mehr. Die Thermoskannen mit heißem Wasser für alle Fälle (welche eigentlich?) hätte ich mir wohl sparen können. Ich gehe jetzt jedenfalls ohne Sorgen ins Bett.

[27.01.2015, 06:58] Wir sind auch an diesem Tag wieder erwacht. Erstaunlich. Es war nicht mal Feueralarm letzte Nacht. Aus dem Fenster ist nicht viel mehr Schnee zu sehen als gestern Abend schon lag. Es ist grau und schneit ganz leicht. Michael macht heute ‚homeoffice‘.

[27.01.2015, 09:45] Wir bewaffnen uns mit Skiklamotten und Kamera und wagen uns vor die Tür. Eine Zeitung gibt es heute schon mal nicht. Die Zeitungsfrau hats wohl nicht bis Hoboken geschafft.

[27.01.2015, 09:50] Vor der Haustür ist alles weiß, aber eine Schneise der Zerstörung? – Fehlanzeige. Straßen und Bürgersteige sind schon soweit geräumt, dass wir sogar mit dem Kinderwagen durchkommen. Die Räumfahrzeuge sind für amerikanische Verhältnisse erstaunlich klein und leise, dafür gibts etliche. Sie häufen beachtliche Schneeberge am Straßenrand auf, den die ersten Kinder zum Runterrutschen nutzen. Das Wetter ist weiterhin grau, aber Schnee und Wind haben sich gelegt. Manche Schneehügel sehen aus wie Dünen, auf den Pieren liegt nur eine dünne Schicht Schnee, der Rest wurde verweht.

[27.01.2015, 14:01] Die Sonne kommt raus! Wir stecken Linda wieder in den Schneeanzug und gehen nochmal vor die Tür. Die Bürgersteige sind inzwischen ganz frei, die Grün- jetzt Weißflächen gut besucht von Kindern und Schneemännern. Wir finden sogar einen kleinen Hügel, an dem man Schlitten fahren kann – mit Blick auf den Hudson River und die Skyline! Hier ist richtig viel los und die meisten Kinder sind offenbar mit Mama und Papa da. Es scheint niemand allzu böse darüber zu sein, dass so eindringlich vor einem Blizzard historischen Ausmaßes gewarnt wurde, dass die allermeisten Arbeitgeber bereits gestern für heute frei bzw. ‚homeoffice‘ verordnet haben…

Ein Gedanke zu „Chronik eines Blizzards

  • 2015-01-28 um 2:38
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    Hi Denise,

    ich vermisse die Fotos Deines Hamsterkaufs! Wo sind die 100 Dosen Oliven (die ja bekanntlich gesuender sind als 100 Tueten Chips)?!?

    Schoen, dass alles nicht so schlimm war und Ihr einen schoenen Tag zu dritt verbringen konntet. Wie fand Linda das Schlittenfahren?

    LG,
    Dan

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